Rundgang 2015

9. Nachtwächterrundgang in Margetshöchheim

Gelungene Mischung aus ernsten und heiteren Begebenheiten

Der Nachtwächterrundgang durch den Altort von Margetshöchheim ist seit 2007 Legende und zieht immer wieder zahlreiche Bürger an. Gespannt folgen sie dem faktenreichen Vortrag ihres Altbürgermeisters Günter Stock, der Ernstes und Hochamüsantes geschickt verbindet. Heuer erlebte der Nachtwächterrundgang bei nasskaltem, stürmischem Wetter bereits seine 9. Auflage und befasste sich mit der Entwicklung Margetshöchheims von einer winzigen hochmittelalterlichen Siedlung , die jahrhundertelang unter Not, Armut und Kriegswirren litt, zu dem wohlhabenden Dorf der Gegenwart im Speckgürtel von Würzburg. Bewusst stellte Nachtwächter Günter Stock deshalb mehrfach den Zusammenhang zum Flüchtlingselend der letzten Monate her.
Erste urkundliche Spuren Margetshöchheims weisen auf das Jahr 1158; gesichert ist die urkundliche Erwähnung im Jahre 1227. Noch 1830 war Margetshöchheim mit nur 677 Einwohnern der Winzling unter den benachbarten Gemeinden. In dieser Zeit ließen Würzburger Bürger gerne ihren unehelichen Nachwuchs von Margetshöchheimer Familien „pflegen“. In den 25 Jahren zwischen 1829 und 1854 überlebten 676 Kinder diese Pflege nicht. In nur einer Familie starben allein schon 174 Pflegekinder; den Pflegeeltern war es nach Pfarrer Joseph Weber, wie er 1965 in seiner Dorfchronik schreibt, wohl vor allem um die Einnahmen aus ihrem „Engagement“ gegangen. Die hohe Sterblichkeit in jenen Jahren relativiert allerdings etwas diese erschreckenden Zahlen: 1834 starben von ca. 700 Einwohnern 140 Personen.
Das Kloster beherbergte bereits vor dem Angriff auf die Stadt Würzburg vom 16. März 1945 20 Waisenkinder und zwei Schwestern des Würzburger Elisabethenheimes. Nach dem Angriff kamen weitere Mitschwestern aus dem Bibraheim und Elisabethenheim mit ihren Schützlingen. Es musste noch enger zusammengerückt werden. Bis zu 30 Hungernde wurden damals täglich gespeist und viele Hunderte baten in diesen Wochen und Monaten an der Klosterpforte um ein Almosen.
Zu den amüsanten Highlights zählte u.a. der Bericht über die Tanzveranstaltungen im Saal des „Adlers“, der in den 50er Jahren auch als Kinosaal für das „Wanderkino “ von Otto Schwab aus Zell genutzt wurde. Da auch die Nachbarorte kineastisch zu versorgen waren und Spielfilme nicht auf eine Spule passten, begann eine Filmvorführung mit der ersten Spule in Zell. Diese wurde danach per Auto nach Margetshöchheim gebracht, während die 2. Spule bereits in Zell lief. Genauso funktionierte Kino auch zwischen Leinach und Erlabrunn.
Zum Abschluss erhielten mundartlich unbedarfte Neu- und Jungbürger einen Crashkurs in Margezöchemmer Mundart, indem inzwischen ungebräuchliche Ausdrücke ein Revival erlebten, damit auch Jüngere verstehen können, was alte Margezöchemmer so plaudern. Dass Nachtwächter Günter Stock alle Fakten und Anekdoten der „lebenden Ortschronik“ Werner Lennemann verdankt, blieb nicht unerwähnt. Zum Ausklang lud der SPD-Ortsverein zu „Drei im Weckla“, Glühwein und Weihnachtsgebäck in den stimmungsvoll illuminierten Preuschenhof ein.

Textquelle: Werner Lennemann
Bericht: Rüdiger Miers
Bild: Gideon Zoryiku

 
 

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